Psychophilie

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Warum Selbstoptimierung? - Teil II

Selbstoptimierung und ich - so hat es angefangen

Während ich immer weiter in das Thema Selbstoptimierung eingetaucht bin, ist mir aufgefallen, dass mich das Interesse dafür schon eine Weile begleitet, eigentlich schon seit der Schulzeit, in der ich ständig versucht habe, meine Lernmethoden zu verbessern.

Damals ist es mir aber noch nicht aufgefallen, weil die Schule an sich ja eine Art Selbstoptimierungsanstalt ist, und dort alle mehr oder weniger mit Selbstoptimierung beschäftigt sind. Da ich fast mein ganzes Leben in irgendeiner Art von Schule verbracht habe, hat es entsprechend lange gedauert, bis ich das Thema für mich identifiziert habe. Vor ein paar Jahren habe ich angefangen, Selbstoptimierungsbücher zu lesen. Das erste und auch einflussreichste davon war David Allens “Getting Things Done”. Auch wenn ich mich nie so wirklich streng an das Konzept gehalten habe, hat es mir geholfen und hilft mir immer noch, mich zu organisieren. Insgesamt habe ich aber nicht mehr als fünf Selbstoptimierungsratgeber gelesen, weil mich alle nach “Getting things done” ein bisschen enttäuschten, und ich das Gefühl hatte, dass ich für die Botschaft, die ich für mich mitgenommen habe, kein ganzes Buch lesen muss. Statt Ratgeber-Bücher habe ich dann Artikel im Internet und Blogposts gelesen, den “Life Hack”-Newsletter abonniert und Podcasts wie Gretchen Rubins Happier gehört. Zeitweise bin ich in einen regelrechten Lifehack-Wahn verfallen. Diese Selbsthilfe- und Lifehack-Artikel können auch wirklich süchtig machen, weil sie so verheißungsvoll und motivierend sind, und alles unglaublich einfach und machbar klingt. Das Ganze gipfelte darin, dass ich an einem Nachmittag, ohne es zu merken, für zwei Stunden auf Pinterest in einen Lifehack-Sog geraten bin und einen Artikel nach dem anderen verschlungen habe. Irgendwann, ich glaube es war bei dem Artikel “10 gute Gründe Urin zu trinken” oder “Du wirst nie erraten, wofür die beiden extra Löcher an Turnschuhen sind” bin ich wieder zu mir gekommen. Durch das Übermaß an unnützer Information, die nur am Anfang nützlich erschien, hatte ich das Gefühl, mich an Junkfood überfressen zu haben. Das Gefühl der Übersättigung hat seither angehalten, und ich bin von meiner Lifehack-Sucht geheilt und lese nur noch ab und an Selbsthilfeartikel. Meine Motivation Selbstoptimierungsprojekte durchzuführen, war davon allerdings nicht betroffen, und ich führe immer mal wieder ein Projekt durch. Zuletzt habe ich während der Fastenzeit täglich 500 Worte geschrieben, um meine Produktivität anzukurbeln.

Silicon Valley - wo Selbstoptimierung selbstverständlich ist

Meine Faszination für das Thema wurde zusätzlich dadurch befeuert, dass ich die Diskussion zu Selbstoptimierung in den deutschen Medien vom Silicon Valley aus verfolgte. Während in Deutschland darüber diskutiert wird, wo Selbstoptimierung hinführt und ständig neue Dystopien dazu entworfen werden, werden ihre Techniken hier einfach benutzt und in den Alltag integriert. Dieser Gegensatz zwischen deutscher Skepsis und amerikanischem Pragmatismus faszinierte mich und mir wurde bewusst, dass ich ohne es zu wissen, einen Logenplatz bekommen hatte, um diese spannende Entwicklung zu beobachten. Es ist ein bisschen so, als wäre ich irgendwo im Weltraum und könnte gleichzeitig auf zwei zeitversetzte Gegenwarten schauen: Amerika schreitet mutig oder naiv voraus und Deutschland verharrt in Skepsis, schaut verwirrt von links nach rechts und wartet erstmal ab, was passiert.

Das ist die Ausgangslage, von der aus ich mich dem Thema Selbstoptimierung nähere: mit etwas Vorerfahrung, einer zuvor unbewussten und gerade erst entdeckten Leidenschaft für das Thema, mit vielen Fragen im Kopf und einem Logenplatz im Silicon Valley.